16,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Broschiertes Buch

3 Kundenbewertungen

Der neue Roman des Nobelpreisträgers
Klara ist eine künstliche Intelligenz, entwickelt, um Jugendlichen eine Gefährtin zu sein auf dem Weg ins Erwachsenwerden. Vom Schaufenster eines Spielzeuggeschäfts aus beobachtet sie, studiert das Verhalten der Leute und hofft, bald von einem jungen Menschen ausgewählt zu werden. Als ein Mädchen sie schließlich mit nach Hause nimmt, muss sie jedoch bald feststellen, dass sie auf die Versprechen von Menschen nicht allzu viel geben sollte.
Ein beeindruckendes, berührendes Buch um eine unvergessliche Erzählerin, deren Blick auf unsere Welt die fundamentale Frage aufwirft, was es heißt zu lieben.
…mehr

Produktbeschreibung
Der neue Roman des Nobelpreisträgers

Klara ist eine künstliche Intelligenz, entwickelt, um Jugendlichen eine Gefährtin zu sein auf dem Weg ins Erwachsenwerden. Vom Schaufenster eines Spielzeuggeschäfts aus beobachtet sie, studiert das Verhalten der Leute und hofft, bald von einem jungen Menschen ausgewählt zu werden. Als ein Mädchen sie schließlich mit nach Hause nimmt, muss sie jedoch bald feststellen, dass sie auf die Versprechen von Menschen nicht allzu viel geben sollte.

Ein beeindruckendes, berührendes Buch um eine unvergessliche Erzählerin, deren Blick auf unsere Welt die fundamentale Frage aufwirft, was es heißt zu lieben.
Autorenporträt
Kazuo Ishiguro, 1954 in Nagasaki geboren, kam 1960 nach London, wo er später Englisch und Philosophie studierte. 1989 erhielt er für seinen Weltbestseller »Was vom Tage übrigblieb«, der von James Ivory verfilmt wurde, den Booker Prize. Kazuo Ishiguros Werk wurde bisher in 50 Sprachen übersetzt. Er erhielt 2017 den Nobelpreis für Literatur. Der Autor lebt in London.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.03.2021

Was bin ich?
Kazuo Ishiguros neuer Roman wird aus Sicht eines Roboters erzählt und stellt so die Frage, was menschliche Gefühle ausmacht
Von Ludwig Wittgenstein stammt der rätselhafte Satz: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ Er könnte auch das Motto des neuen Romans des britisch-japanischen Literaturnobelpreisträgers Kazuo Ishiguro sein. Denn dieser wird erzählt von Klara, einem Roboter, in dem Roman genannt KF für künstlicher Freund, und diese Maschine hat eine ganz besondere Sicht auf die Welt.
Denn die Grenzen von Klaras Welt sind aus Glas. Es ist die Fensterfront des Ladens, in dem sie zum Verkauf steht und in dem der erste Teil des Romans spielt. Diese Welt besteht aus Klara, den anderen KFs, die hier verkauft werden, einer Managerin und dem Ausschnitt des Fensters, von dem aus man die Straße, Passanten und Autos sehen kann. Struktur gibt nur der Platz im Laden – am besten ist es vorne am Fenster – und der Lauf der Sonne. Klara, die wohl mit Solarenergie betrieben wird, ist fasziniert von der Sonne und ihrer Kraft, vor der sie tiefe Ehrfurcht hat. Sie vermutet, die Sonne könne auch Menschen heilen, ja von den Toten erwecken. Warum auch nicht, wie soll sie es anders wissen? Wobei die Fragen, die die Erzählperspektive aufwirft, schon damit beginnen, was für eine Maschine „wissen“ bedeutet.
Denn Klara weiß sehr viel und hat von vielem anderen dafür gar keine Vorstellung. Sie lernt, aber sie lernt nach ihren eigenen Regeln, die ihr wohl Algorithmen vorgeben, der Text bleibt hier vage. Teile ihrer Welt, das Alter von Menschen oder Entfernungen kann Klara mathematisch präzise bestimmen. Bei Gefühlen wird es schon schwieriger. Klara schätzt auch die Emotionen ihres Gegenübers ein, anhand von Mimik, Körperhaltung und Sprache, so wie es auch ein Mensch tun würde. Der Text deutet aber an, dass sie damit nicht immer richtigliegt. Aus dieser Vermessung der Herzen leitet Klara trotzdem ab, dass sie auch als Maschine Emotionen habe, denn sie mag es, vorne im Laden zu stehen, und nicht, wenn sie ganz hinten versteckt wird. Wenn sie verkauft würde, und ihr Besitzer würde sie nicht mögen, wäre es dann nicht Schmerz, den sie empfindet? Das ist die zentrale Frage, die dieser Roman stellt: Lassen sich Emotionen, lässt sich ein menschliches Herz imitieren? Wenn ja, was würde das bedeuten?
Vor diesem Vergleich warnen eigentlich viele KI-Forscher: Maschinen sind Maschinen, auch wenn sie selbständig lernen und wenn sie sprechen, schreiben oder aussehen wie Menschen. Eine Maschine führe nur Befehle aus, ihr fehle die Komplexität der menschlichen Wahrnehmung, meint etwa die KI-Forscherin Sarah Spiekermann. Deshalb könnten Maschinen auch nie richtig an der Welt teilnehmen oder komplexe Gefühle wie Gemütlichkeit nachempfinden.
Die Vorstellung, Maschinen könnten wie Menschen werden, stammt eigentlich aus der Vorstellungswelt des 17. Jahrhunderts, als Philosophen wie René Descartes die These vertraten, Menschen und überhaupt die ganze Welt seien doch letztlich auch nur sehr komplexe Uhren, Automaten, die nach gewissen Regeln funktionieren. Warum sollte eine Maschine diese also nicht imitieren können? Unter manchen Entwicklern von KIs und auch unter manchen Figuren in Ishiguros Roman ist diese These noch immer weit verbreitet.
„Klara und die Sonne“ kokettiert mit dieser Naivität gegenüber den Maschinen, indem er Klara als Ich-Erzählerin an die Stelle setzt, an der man eine menschliche Perspektive erwartet. Mehr noch, denn auch die Sprache Klaras ist natürlich einem Erzähler nachempfunden, wie ihn Ishiguro zum Beispiel in seinem Roman „Der Maler der fließenden Welt“ über einen von der Zeit überholten Künstler verwendete. Diese vertraute Perspektive bricht er aber immer wieder, erst unauffällig, dann immer drastischer, durch die Verfremdungen in Klaras Weltwahrnehmung, die teilweise nur erahnen lassen, was eigentlich geschieht, wenn sie etwa auf dem Bürgersteig ein vielgliedriges Monster erblickt, das sich einfach als zwei Menschen und ein Hund entpuppt. Hunde, die Menschen herumführen, sind für sie ohnehin ein großes Rätsel. Hohes Gras und volle Räume stellen für Klara eine Herausforderung dar, und bei einer Autofahrt wundert sie sich, warum die entgegenkommenden Autos nicht zusammenprallen, obwohl die Straße doch wie dafür gemacht zu sein scheint. Klara scheint keine Personalpronomen zu kennen. Diese Sprache des Romans bedeutet die Grenzen von Klaras Welt, und Ishiguro hat mit diesem Verfremdungsverfahren für seinen Roman eine faszinierende Poetik entworfen: Sie zeigt nicht nur, wo die Grenzen der Maschinenwahrnehmung liegen, sondern auch, was die Gemeinsamkeiten mit unserer Lebenswelt sind.
Klaras Welt ist unterkomplex, sie versteht den Kontext oft nicht, kann nicht einmal riechen und nimmt vieles falsch wahr. Bleibt die Frage: Ist, was sie denkt und zu fühlen denkt, deshalb falsch, nicht echt? Kann man überhaupt sagen, sie denke? Wenn die Maschine nicht denkt, denkt dann nur der Mensch oder auch er nicht? Oder sind das die falschen Fragen, ist der Vergleich mit den Menschen, so wie ein Vergleich unter Menschen, der falsche Ansatz?
Ishiguros Roman lässt sich als Allegorie auf Fremdenfeindlichkeit, auf religiösen Glauben oder als Kommentar auf die aktuelle Diskussion um künstliche Intelligenz lesen. Er lässt sich aber auch einfach als Beispiel für eine andere Lebenswelt verstehen. Und dieser fremde Blick kann uns die Welt nur erhellen, denn seine Grenzen sind andere als die unseren.
NICOLAS FREUND
Das vielgliedrige Monster
auf dem Bürgersteig entpuppt sich
als Pärchen mit Hund
Kazuo Ishiguro: Klara und die Sonne. Aus dem
Englischen von Barbara Schaden. Blessing-Verlag, München 2021.
352 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.05.2021

Songs für Roboter
RHEIN-MAIN Kazuo Ishiguro stellt in 15 Literaturhäusern zugleich ein Buch vor

Ans Klavier setzt er sich nicht. Das Instrument mit den aufgeschlagenen Notenblättern ist hinter Kazuo Ishiguro zu sehen. Der Nobelpreisträger, der als Verfasser von Liedtexten begann, spielt aber auch so auf diversen Klaviaturen: der seiner Themen, Werke und Leser. "Je älter ich werde, desto mehr bemerke ich, dass ich das Schreiben nicht mit Romanen begonnen habe, sondern mit Songs", berichtet er seinen Zuhörern, die sich im gesamten deutschen Sprachraum vor ihren Computerbildschirmen versammelt haben.

15 Literaturhäuser aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich zusammengetan, im Rhein-Main-Gebiet die aus Frankfurt und Wiesbaden, um den britischen Autor, den die Königin 2019 zum Ritter schlug, seinen neuen Roman vorstellen zu lassen. Knapp 2000 Streaming-Tickets haben die Veranstalter nach Angaben des federführenden Literaturhauses München verkauft.

"Klara und die Sonne", Mitte März bei Blessing auf Deutsch erschienen, ist der achte Roman des 1954 in Nagasaki zur Welt gekommenen Schriftstellers. "Vieles, was ich gemacht habe, lässt sich auf die Prioritäten eines Songwriters zurückführen", sagt er nun. Und fügt scherzend hinzu: "Kein Stadionrock. Nur eine Akustikgitarre und ein paar Leute in einem Raum." Bei solchen Songs müsse sich fast alles unter der Oberfläche abspielen: "Zwischen den Zeilen. Denn es gibt nicht viele Zeilen." Also müsse man weglassen. Und anderes mit sparsamsten Mitteln hereinholen. Durch eine besonders sorgsame Wortwahl. Oder motivische Verknüpfungen.

Spiegel zum Beispiel, die im neuen Roman hier und da auftauchen. Ein Spiegel sei aber auch Klara, die Titelfigur, ein Roboter, konstruiert als eine Art "emotional support animal" für bedürftige Menschen. Klara sei "ein gestörter, seltsamer Spiegel menschlicher Existenz", sagt Ishiguro. Ihre Aufgabe sei es, Teenager vor der Einsamkeit zu schützen. Eine Familie kauft das schon etwas veraltete, aber fabrikneue Modell für ihre kranke Tochter. An ihrem Arbeitsplatz muss Klara, eine Künstliche Intelligenz, die rasch begreift, aber zunächst völlig unbeschrieben ist, erst lernen, was das ist - der Mensch. Aber auch, worum es sich bei der Einsamkeit handelt. Und der Liebe: "Diesem Ding, das ein Wesen an das andere zu binden scheint."

Dass Klara all das erst nach und nach versteht, ist gut für Ishiguros erzählerische Zwecke, denn darum geht es auch ihm. Abermals kreist sein Schreiben um das, was das Menschsein ausmacht. Was man tun und sein muss, um Mensch zu sein oder es zu werden, wie Stevens, der stille, erstarrte Butler in "Was vom Tage übrigblieb", wie die menschlichen Ersatzteillager in "Alles, was wir geben mussten".

Für Spiegel und Spiegelbilder hat Ishiguro sich schon früh interessiert: "Ich dachte, es wäre toll, einen Spiegel zu erfinden, der einen richtig herum zeigt." So, wie man wirklich aussieht. Bis diese unmögliche Erfindung jemand anderem gelungen ist, gibt es, ohne dass er das sagen müsste, die Literatur. Die ihren Anspruch, Menschen und Roboter so zeigen zu können, wie sie wirklich sind, hinter allem Anschein und unter sämtlichen Oberflächen, auch inmitten eines nie gesehenen Ansturms von Bildern nicht aufgegeben hat.

Die Hilfe der Maschinen wird an diesem Livestream-Abend zu Pandemie-Zeiten aber auch außerhalb des Romans benötigt. Im Literaturhaus München sitzt als Moderatorin die Anglistin Julika Griem, neben ihr die Schauspielerin Valery Tscheplanowa, zuständig für die deutsch gelesenen Textpassagen, hinter beiden ist auf einem Bildschirm Sir Kazuo zu sehen. Ish, wie Griem ihn nennen darf, ist von zu Hause aus zugeschaltet, zwischen Sesseln, Büchern und Bildern, und erklärt aus der Ferne, warum "Klara und die Sonne" in einer leicht zerrütteten Familie spielt, in der die Eltern zwischen zu viel und zu wenig Zuwendung schwanken: "Was ich brauchte, waren diese Beziehungen, um sie herum ist das Ganze strukturiert."

Beziehungen sind ihm lieber als Grenzen. An Genres halte man sich daher am besten weder als Autor noch als Leser. Stets behinderten sie die Vorstellungskraft. Für manche Leser möge "Klara und die Sonne" Science-Fiction-Elemente enthalten. Aber was heiße das heutzutage schon noch? "Das Buch enthält nur Technik, die es entweder schon gibt oder bald geben wird." Bücher für Kleinkinder seien eine wichtigere Inspirationsquelle gewesen: "Die Welt, die in ihnen geschaffen wird, hat alle Spannungen der Welt der Erwachsenen." In Bilderbüchern entdeckt er Signale des Dramas: "Um die Kinder zu warnen." So wie er nun die Menschheit vor allzu viel Technik. Bleibt die Frage: "Was passiert mit meinem Roman, wenn die Leser mit ihm fertig sind?" So wie die Familie mit Klara, wenn sie nicht mehr gebraucht wird? Ein guter Roman solle den Leser lange nach der Lektüre verfolgen: "Wie ein Song. Der soll ja auch nicht nur drei Minuten lang unterhalten, sondern sich in Herz und Hirn spielen." Ishiguro schafft das auch ohne Noten.

FLORIAN BALKE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Eher trocken fällt Lob dieses Romans durch Rezensent Benedikt Herber aus, aber er findet durchaus, es lohne es sich, den ersten, offenbar etwas zähen Teil hinter sich zu bringen, denn im zweiten komme endlich "Dynamik" in die Sache. Dem Kritiker hat gefallen, wie mit der Akzeptanz des Roboters Klara als Gefährtin eines kranken Kindes langsam die Problematik entwickelt wird, um die es Ishiguro gehe, nämlich dass es das Leistungs- und Algorithmusdenken der Menschen ist, dem wir am Ende selbst zum Opfer fallen. Nicht die Künstliche Intelligenz oder die aus ihr folgende Technik sei gefährlich, so nimmt es der Kritiker aus diesem Roman mit, den er "auf lakonische Weise berührend" findet, sondern es sind die Menschen.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Ishiguro beschert uns ein literarisches Wunder.« NZZ am Sonntag, Markus Gasser
Ob Nicolas Freund diesen Roman mag, ist nicht so ganz klar. Er stellt uns Klara gerne vor und würde, so scheint es, an ihr lieber noch dramatischere Fehler entdecken, oder wenigstens Unterschiede zum Menschsein, als der Autor ihr mitgegeben hat. Denn das Automatsein von Klara - der Kritiker bezieht sich hier auf Descartes Formulierung aus dem frühen 17. Jahrhundert - und wie Ishiguro es ausbreitet, hat ihn irritiert. Der Roman, der aus der sich Sicht der KI Klara erzählt wird, die hier allerding KF für Künstlicher Freund genannt wird, kann so ein Bild für vieles sein, findet der verunsicherte Kritiker. Schließlich ist es der "fremde Blick", egal von wem, der ihn mit dem Roman versöhnt, da er den menschlichen, ganz anderen Blick am Ende bestätigt.

© Perlentaucher Medien GmbH