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In keinem anderen Land der Welt gibt so viele Mopeds pro Kopf wie in Vietnam. Und nur in wenigen Ländern eine so geringe Anzahl an Autos. Hier hat sich eine Form der Fortbewegung und des Transportes entwickelt, die jedem europäischen Verkehrspolizisten die Sprache verschlagen würde. Einzige gültige Beladevorschrift ist, dass das Zweirad möglichst noch fahren muss. Wenn sich zur Rushhour Hunderttausende Mopeds in den Verkehr von Saigon ergießen, kann man relativ sicher sein, dass man keinen einzigen Helm, dafür aber abenteuerlich überfüllte und überladene Maschinen in allen Varianten zu sehen…mehr

Produktbeschreibung
In keinem anderen Land der Welt gibt so viele Mopeds pro Kopf wie in Vietnam. Und nur in wenigen Ländern eine so geringe Anzahl an Autos. Hier hat sich eine Form der Fortbewegung und des Transportes entwickelt, die jedem europäischen Verkehrspolizisten die Sprache verschlagen würde. Einzige gültige Beladevorschrift ist, dass das Zweirad möglichst noch fahren muss. Wenn sich zur Rushhour Hunderttausende Mopeds in den Verkehr von Saigon ergießen, kann man relativ sicher sein, dass man keinen einzigen Helm, dafür aber abenteuerlich überfüllte und überladene Maschinen in allen Varianten zu sehen bekommt. Wichtigstes Regulativ in diesem Chaos ist der Verkehr selbst. Er ist so dicht, dass sowieso niemand schnell fahren kann, und so bleiben die großen Katastrophen meist aus. Ein wunderbares Buch für jeden Asienfreund, Zweiradfahrer, Gegner von kleinlichen Verkehrssünderkarteien und TÜV-Reglementarien sowie für jeden Liebhaber überraschender Eindrücke. Ein Buch mit Kultcharakter!
Autorenporträt
Der Fotograf Hans Kemp lebt seit vielen Jahren in Asien. Seine Bildbände werden weltweit publiziert und bestechen durch ihre authentischen Alltagsszenen, die mit unseren Augen gesehen jedoch alles andere als gewöhnlich erscheinen. Mal grotesk, mal amüsant und auch irritierend sind seine Fotografien, die ohne viele Worte der Erklärung auskommen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.06.2011

Reisebuch

Masse
macht’s
Das Motorrad als
Kleinlaster: Fotografien
auf Vietnams Straßen
Tote Schweine, lebende Hühner, Spielzeug, Gemüse und Elektrogeräte – all das wird natürlich auch kreuz und quer durch Europa gekarrt. Aber man sieht davon nichts auf den hiesigen Straßen. Denn Lebensmittel und alle die anderen Konsumgüter werden in Lastwagen verstaut, deren Aufschrift man oft nicht einmal entnehmen kann, was da gerade – verborgen vor den Blicken der Passanten – durch die Lande transportiert wird.
In Südostasien, speziell in Vietnam, ist das anders. Zwar ist die Zahl der Autos dort im vergangenen Jahrzehnt rapide gestiegen. Dennoch ist es immer noch die Ausnahme, ein Auto, gar einen Lastwagen zu besitzen. Viele Vietnamesen hingegen haben ein Motorrad. Ihnen geht es dabei aber nicht um Freiheitsgefühle, um den vermeintlichen Wohlklang eines sonoren Motorengeknatters oder um schmeichlerische Berührungen durch den Fahrtwind. Oft nicht einmal ums reine Fortkommen. Die Motorräder sind in der Hauptsache Lastentaxis. „Bikes of Burden“ nennt der Fotograf Hans Kemp seinen Bildband, eine Ansammlung von Abbildungen teils grotesk beladener Motorräder, wobei burden nicht nur die Last meint, sondern auch die Bürde. Wer ein Zweirad besitzt, ist der Chauffeur und der Lieferant in seiner Familie.
Motorradtaxis heißen in Vietnam Xe Om – Xe bedeutet übersetzt eben Motorrad, Om heißt so viel wie festhalten oder umarmen. In der Tat sitzen häufig regelrechte Menschenknäuel auf den Motorrädern – drei, vier, manchmal sogar fünf Personen. Wobei auf Kemps Fotografien nichts zu erkennen ist davon, dass sich die Menschen ineinander verkrallen würden oder sonst eine besondere Vorkehrung träfen, um nicht in der nächsten Kurve herunterzufallen.
Sehr erfindungsreich sind indessen die Methoden, Tiere oder Dinge zu vertäuen. Die Gewohnheit, lebendigen Hühnern, Enten und Gänsen die Füße zusammen- und sie kopfüber an das Motorrad zu binden, mag man abscheulich finden. Der Grad der Tierquälerei dürfte allerdings kaum höher sein als bei vielen Schlachtviehtransporten in Europa – die sind lediglich nicht so offensichtlich. Seile, Gummibänder und Expander halten die Ware auf dem Gepäckträger, Körbe und Taschen hängen am Lenker, auf dem Tank werden Getränkeflaschen oder gar rohe Eier zwischen die Beine geklemmt. Und zum Lenken, Bremsen und Gasgeben reicht mitunter eine Hand, die zweite bleibt frei für eine weitere Tüte, einen zusätzlichen Sack.
Bei einigen Transporten stellt sich die Frage, wie die in der Regel zierlichen Fahrer das nötige Gegengewicht aufbringen, um zu vermeiden, dass ihr Gefährt angesichts der Beladung einfach hintüberkippt. Kurios sind demnach beinahe alle Aufnahmen, schon allein wegen der Menge dessen, was auf den Motorrädern transportiert wird. Manches wird man auch auf Vietnams Straßen nicht jeden Tag zu sehen bekommen, kälbergroße Fische zum Beispiel, die quer über dem Gepäckträger liegen, oder Traktorreifen. Einige Gespanne sind sehr ulkig: Etwa der übergewichtige Vietnamese, dessen Oberkörper in zwei Dutzend rosafarbener Hula-Hoop-Reifen steckt.
Hans Kemp ist für seine Aufnahmen ein Teil dieses Trubels geworden, man sieht das auf einem Selbstporträt: Kemp fotografiert als Sozius von einem Motorrad herunter einen anderen Beifahrer, der vor sich einen großen Spiegel hält. Auf der gegenüberliegenden Seite sind zwei Männer abgebildet, die goldfarbene Bilderrahmen befördern. Diese sind so groß, dass die beiden gewissermaßen Platz finden in den Rahmen, dass sie also das Bild ihrer selbst abgeben. Der Alltag, das Verkehrschaos, wird auf diese Weise zu einem Gemälde, wird zur Kunst. Daran ist Kemp gelegen: das Gewöhnliche als etwas Originelles zu zeigen. Und so treten seine Fotografien auch in einen Wettstreit miteinander – darüber, auf welcher nun das absurdeste Motiv zu sehen ist. STEFAN FISCHER
HANS KEMP: Bikes of Burden. Lastentaxis in Asien. Nomada Verlag, Reutlingen, in Kooperation mit dem Becker Joest Volk Verlag, Hilden 2011. 160 Seiten mit 140 Abbildungen, 17 Euros.
Autos, gar Lastwagen, sind in Vietnam nicht sehr verbreitet. Im lokalen Gewerbe geht es auch ohne – nichts, was man nicht auch auf einem Motorrad transportieren könnte. Fotos: Hans Kemp/Nomada
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.06.2011

Tausend Kisten auf zwei Rädern

Zwischen Lenker und Fahrer passen noch ein paar Säcke, zwei Hunde oder ein geschlachtetes Schwein Hans Kemps Bildband "Bikes of Burden" über die Mopedvirtuosen des Transportwesens in Vietnam

Von Walter Wille

Bevor der deutsche Motorradfahrer sonntagmorgens feierlich das Garagentor öffnet, um sich seiner gepflegten, geputzten Maschine zu nähern, zwängt er sich in einem ersten Schweißausbruch in seine Lederkombi. Oder hüllt sich in einen atmungsaktiven Funktionsanzug mit Klimamembran und nach amtlichen Normen geprüften Protektoren an Knien, Schultern, Ellbogen und Rücken. Dazu trägt er abriebfeste Handschuhe mit Knöchelschutz, schienbeinhohe Stiefel sowie selbstverständlich den Helm einer renommierten Marke, neuerdings gern mit integrierter Sonnenblende und Bluetooth-Übertragung der Navigationshinweise ans Ohr. Wenn alles sitzt, führt er den Zündschlüssel zum Schloss, betätigt den Starterknopf und begibt sich, während die Familie vielleicht noch schläft, auf eine kleine Tour. Zum Mittagessen ist er wieder zu Hause. Spätestens zum Kaffeetrinken.

Auf den Straßen Vietnams würde der deutsche Biker, der sein Motorrad kaum noch als schnödes Fortbewegungsmittel nutzt, sondern fast ausschließlich als Freizeit- und Sportgerät, wie ein komischer Fremdkörper wirken. Im Vergleich zu den dortigen Künstlern des effizienten Transports machen selbst die verwegensten europäischen Verkehrsteilnehmer, die Rollerfahrer von Rom, Mailand und Paris, einen übervorsichtigen Eindruck. Und für vietnamesische Verhältnisse erscheint schon der als Sicherheitsfanatiker, der richtige Schuhe trägt und einen Helm wie ausgeliehen von der Feuerwehr. Landesüblich sind Kappe und Badeschlappen. Allerhöchstens Sandalen.

Für den Besucher sind Bilder aus dem vietnamesischen Straßenverkehr, wie sie nun der Fotograf Hans Kemp in einem Buch präsentiert, urkomisch. Der Vietnamese hingegen mag sich fragen: Was soll daran lustig sein? Kemp zeigt Alltägliches aus dem Gewerbe der Lastenfahrer: Spezialisten, die auf zwei Rädern befördern, wozu andere mindestens vier, oft sogar sechs, acht oder noch mehr Räder benötigen - unerschrockene Profis allesamt, die mit ruhigem Blick und routinierter Hand ihr Moped pilotieren. Es spielt dabei keine Rolle, was sonst noch an Bord ist, Tüten, Säcke, Fässer, Stahlträger, Rohre, Hunde, Katzen, Vögel, frisch gefangene Fische, frisch geschlachtete Schweine, ein Sortiment Kloschüsseln, eine Ladung von tausend rohen Eiern, ein paar Dutzend lebende Hühner, die rings ums Moped baumeln - alles eins. Wie stets im Leben erkennt man die wahren Könner daran, dass sie etwas Schwieriges aussehen lassen, als sei es ganz einfach. So entstehen aus artistischer Leistung und der hohen Schule des Stapelns und Verzurrens bisweilen rollende Skulpturen der Plastikflaschenlogistik.

Hans Kemp aber würdigt keineswegs nur die Fahrer, sondern wie nebenbei auch das unverwüstliche Motorrädchen nach Art der Super Cub. Hondas "Cheap Urban Bike" ist mit mehr als sechzig Millionen Einheiten seit 1958 das meistgebaute Kraftfahrzeug überhaupt: beschränkte Leistung zwar, aber unbeschränkt in der Zuladung, noch manövrierfähig unter der Last von fünf Personen oder zwei Lkw-Reifen, badeschlappentauglich dank Schaltwippe, einhändig zu dirigieren dank automatischer Kupplung, was vorteilhaft ist, wenn mit der anderen Hand die Ladung gehalten werden muss. Hierzulande ist es unter dem Namen Innova auf dem Markt. Prestige beim Sonntagsausflug verleiht es nicht. Eher garantiert es Lacher am Biker-Treffpunkt.

"Bikes of Burden - Lastentaxis in Asien" von Hans Kemp. Nomada-Verlag, Reutlingen, 160 Seiten, mehr als 140 Farbfotos. Gebunden, 17 Euro.

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