Aus ungefärbter Baumwolle - Nesselstoff Cretonne & Köper

 


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Nesselstoff – strapazierfähiger Stoff für viele Gelegenheiten

Von der Brennesssel zum Stoff. Die Brennessel ist wahrlich ein Super-Kraut. Das heimische Kraut ist nicht nur für Nahrung, Gesundheit und Wohlbefinden gut, sondern kann auch noch zu Nesselstoff verarbeitet werden.

Nesselstoff, auch als Nessel oder Nesseltuch bekannt, trägt seinen Namen nicht ohne Grund, denn er wurde ursprünglich aus den Fasern der Großen Brennnessel (Urtica diocia) hergestellt. Aufgrund ihrer beachtlichen Reißfestigkeit dienten die Fasern der Herstellung von Fischernetzen und Stricken und fanden auch für die Anfertigung von Stoffen Verwendung. Noch bis ins 18. Jahrhundert hinein waren sogenannte Nesselmanufakturen in Deutschland verbreitet. Heutzutage besteht Nesselstoff in der Regel aus Baumwolle und trägt daher auch die Bezeichnung Baumwollnessel. Varianten, die aus einem Mischgewebe aus Baumwolle und Brennnesselfasern bestehen, sind ebenfalls erhältlich. Nesselstoff kommt klassischerweise als Bühnenstoff zum Einsatz und dient beispielsweise als Theaterhorizont, Leinwand oder Fotohintergrund.

Er eignet sich ebenfalls für die Anfertigung von Dekorationen, Deckenabhängungen und Hussen sowie als Sicht- und Sonnenschutz. Darüber hinaus kommt er zu Bastelzwecken, aber auch als Bekleidungsstoff zum Einsatz.

Nesselstoff – was ist das?

Herstellung

Für die ursprüngliche Herstellung von Nesselstoff wurden die Bastfasern aus den Stängeln der Brennnesseln isoliert, zu Fäden verarbeitet und in Leinwandbindung gewebt. Das so entstehende Nesseltuch war fester als Leinen und äußerst strapazierfähig. Heute werden statt Brennnesselfasern Baumwollfäden verwendet, die ebenfalls in Leinwandbindung zu einem Gewebe verarbeitet werden. Hierfür werden auf einen Webrahmen sogenannte Kettfäden gespannt, durch die ein Schussfaden geführt wird – und zwar immer abwechselnd über und unter die Kettfäden hindurch. Ergebnis ist ein Stoff, dessen Oberseite und Unterseite identisch, also bindungsgleich sind.

Eigenschaften

Nesselstoff aus Brennnesselfasern ist sehr reißfest und kann darüber hinaus viel Feuchtigkeit aufnehmen. Zudem ist er ähnlich bauschfähig wie Baumwolle und punktet mit einem leichten Glanz. Nesselstoff aus Baumwolle ist ebenfalls strapazierfähig, feuchtigkeitsregulierend und außerdem recht pflegeleicht. Baumwollnessel ist als unbehandelter Rohnessel erhältlich, das heißt, er ist weder gebleicht oder gefärbt noch geglättet oder geraut. Er lässt sich in dieser Ausführung sehr gut färben und bedrucken. Daneben gibt es gebleichte Nesselstoffe aus Baumwolle in drei Qualitätsstufen:

  • Cretonne: Cretonne stellt die einfachste Qualitätsstufe dar. Es handelt sich um ein grobes Gewebe, das sich hart anfühlt und über eine stumpfe Oberfläche verfügt. Im Schnitt sind bei Cretonne 24 Fäden pro Zentimeter verarbeitet. Verwendung findet er beispielsweise als Vorhang- oder Möbelstoff.
  • Renforcé: Als Renforcé wird die mittlere Qualitätsstufe bezeichnet. Hier sind 27 Fäden pro Zentimeter verarbeitet. Das Gewebe ist mittelfein, glatt und eignet sich gut zum Bedrucken. Außerdem wirkt es feuchtigkeitsregulierend. Für die Herstellung von Bettwäsche und Hemden ist Renforcé gut geeignet.
  • Kattun: Die feinste Qualität hat Kattun vorzuweisen. Das Gewebe ist glatt, dicht und besteht aus 29 Fäden pro Zentimeter. Die Einsatzmöglichkeiten für Kattun sind vielfältig. Er ist eine tolle Grundlage für Tischwäsche und Dekorationen, kann aber auch der Anfertigung von Kleidung wie Hemden, Blusen oder Schürzen dienen.

So verarbeitest Du Nesselstoff richtig

Zuschnitt

Nesselstoff, insbesondere Rohnessel, läuft nach dem ersten Waschen einmalig um circa 10% ein. Es empfiehlt sich also, den Stoff einmal zu waschen, bevor Du mit dem Zuschnitt beginnst. Das Zuschneiden selbst gelingt unkompliziert mithilfe eines Rollschneiders oder einer Schere. Du kannst die Schnittmuster mit Stecknadeln auf dem Stoff fixieren oder mithilfe von Schneiderkreide übertragen. Wichtig ist, dass Du genügend Nahtzugabe einkalkulierst, denn Nesselstoff neigt zum Ausfransen und muss versäubert werden.

Nähen

Um Nesselstoff zu nähen, ist keine besondere Ausstattung erforderlich. Es genügen eine einfache Nähmaschine mit einer Universalnadel und ein normales Garn. Ein Geradstich ist zum Nähen von Nesselstoff ausreichend, da der Stoff nicht elastisch ist. Wenn Du nicht in Besitz einer Overlock-Maschine bist, müsst Du den Nesselstoff selbst versäubern. Hierzu stellst Du an Deiner Nähmaschine einen Overlockstich oder einen breiten Zick-Zack-Stich ein.

Tipp: Baumwollstoffe lassen sich leichter versäumen, wenn die Saumkanten kurz umgebügelt werden.

Vielfältige Nähideen mit Nesselstoff

Baumwollnessel ist ein beliebter Schirting-Stoff, wird also zum Hinterkleben oder zum Verstärken von Büchern, Landkarten und dergleichen genutzt. Er kann auch als Leinwand dienen oder für Bespannungen, Lichtinstallationen und zum Verkleiden von Objekten genutzt werden. Daneben findet Nesselstoff Verwendung bei Hobbyschneidern, die ein Modell ihres Entwurfs nähen und anpassen möchten, ohne dafür einen teuren Stoff nehmen zu müssen. Vorteilhaft ist nämlich, dass Nesselstoff sehr günstig ist und sich daher ideal als Probestoff eignet. Für die Anfertigung von Accessoires, allen voran Taschen und Beuteln, wird Nesselstoff ebenfalls genutzt. Solche Nähprojekte sind ideal für Anfänger und lassen viel Raum für Kreativität. Außerdem kannst Du mit Nesselstoff tolle Kleidung nähen, beispielsweise Jacketts, Blazer und Kostüme. Wohntextilien wie Tischwäsche, Geschirrhandtücher und Bettwäsche kannst Du ebenfalls aus Nesselstoff herstellen.

Allgemeine Pflegehinweise - Nesselstoffe

Waschen

Nesselstoff, der aus Baumwolle besteht, kannst Du in der Regel bei circa 40 °C im Normal- oder Schonwaschgang waschen. Es gibt jedoch Ausnahmen, die eine Handwäsche erfordern. Beachte in jedem Fall die Pflegehinweise des Herstellers.

Trocknen

Viele Nesselstoffe aus Baumwolle sind trocknergeeignet, aber auch diese Eigenschaft gilt nicht für jede Variante. Folge den jeweiligen Anweisungen.

Bügeln

Die meisten Nesselstoffe können bei mäßiger Hitze gebügelt werden, sofern der Hersteller keine anderen Angaben macht. Nesselstoff grober Qualität bildet schnell Falten und sollte am besten im noch leicht feuchten Zustand gebügelt werden.

Kurz zusammengefasst

  • Nesselstoff wurde ursprünglich aus den Fasern der Großen Brennnessel hergestellt, besteht heute jedoch vorwiegend aus Baumwolle.
  • Typisch für Nesselstoff ist seine Strapazierfähigkeit, die sich auf seine enge Leinwandbindung zurückführen lässt.
  • Er eignet sich ideal als Bühnenstoff, kann aber auch für die Anfertigung von Kleidung und Wohntextilien zum Einsatz kommen. Meist ist Nesselstoff in Weiß oder Creme erhältlich und kann nach Belieben gefärbt oder bedruckt werden.
  • Nesselstoff ist leicht zu verarbeiten und für Nähanfänger gut geeignet. Er franst schnell aus, weshalb ein Versäubern notwendig ist.
  • In der Regel ist Nesselstoff maschinenwaschbar, trocknergeeignet und lässt sich bei mäßiger Hitze bügeln. Es gibt jedoch Ausnahmen. Beachte die Pflegehinweise.

Häufig gestellte Fragen

Schreibt man nun Calico oder Kaliko? Und warum ist Kattun synonym? Ich versuche mal, dem Begriffswirrwarr in Kurzform auf den Grund zu gehen.

Der Begriff Kattun – damit muss es beginnen – kommt aus dem arabischen / osmanischen Raum. Das Osmanische Reich beherrschte in der Neuzeit den arabischen Raum und große Teile Südosteuropas. Zu jener Zeit besaßen noch die Venezianer das Baumwoll-Monopol in Europa. Das änderte sich mit dem Aufstieg des Britischen Commonwealth. Der Ostindienhandel brachte nicht nur neue Handelsrouten, sondern auch neue Machtstrukturen. 

Im Falle der Baumwolle treten mit Niederlande und England zwei Mächte auf den Plan, die Europa mit Baumwolle versorgten. England besaß indische Quellen. Aus der ostindischen Hafenstadt Calicut wurde die begehrte Handelsware nach England gebracht. Erstmals kam die Bezeichnung Calico im 19.Jahrhundert auf, als Archibald Leighton seine Bücher mit diesem Stoff einband. Calico war seit jeher ein englischer Baumwollstoff. Dazu konkurrierend boten die Niederländer denselben Stoff als Kattun (übersetzt heißt das auch „Baumwolle“) an. 

Nun, im deutschen Sprachraum dachte man sich eine eigene Schreibweise aus. Kaliko ist somit ebenfalls ein sehr einfacher Baumwollstoff in Leinwandbindung, reißfest, leicht und frei von Chemikalien. 

Ob Kattun, Calico oder Kaliko, bei uns findest du diesen Stoff unter Musselin, weil hierzulande mit Calico oder Kattun eben Musselinstoff gemeint ist. 

Kattun ist eine ältere Bezeichnung für Baumwollgewebe, bzw. für rohen Nesselstoff. Rohkattun-Gewebe werden in der Regel für den Textildruck verwendet.

Ob Kattun oder Calico oder Kaliko die richtige Bezeichnung ist, hängt davon ab, ob du Niederländer oder Brite bist 🙂 Hier kannst mehr erfahren.

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