4,40 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Broschiertes Buch

2 Kundenbewertungen

Die Nase des Kollegienassessors Kowaljow trennt sich eines Tages von ihrem Besitzer und wandelt als selbständiges menschliches Wesen im Rang eines Staatsrates durch Petersburg, bis sie nach zahlreichen Ab- und Irrwegen wieder ins Gesicht des Beamten zurückfindet. In Gogols Groteske verbinden sich untrennbar Phantastik und Realität. Die Selbstverständlichkeit, mit der Ungeheuerliches vorgetragen wird, scheint Kafkas »Verwandlung« vorwegzunehmen.Sprachen: Deutsch, Russisch

Produktbeschreibung
Die Nase des Kollegienassessors Kowaljow trennt sich eines Tages von ihrem Besitzer und wandelt als selbständiges menschliches Wesen im Rang eines Staatsrates durch Petersburg, bis sie nach zahlreichen Ab- und Irrwegen wieder ins Gesicht des Beamten zurückfindet. In Gogols Groteske verbinden sich untrennbar Phantastik und Realität. Die Selbstverständlichkeit, mit der Ungeheuerliches vorgetragen wird, scheint Kafkas »Verwandlung« vorwegzunehmen.Sprachen: Deutsch, Russisch
Autorenporträt
Dorothea Trottenberg, studierte Slavistik in Köln und Leningrad, arbeitet u.a. als Bibliothekarin an der Universitätsbibliothek Basel und lebt als freie Übersetzerin klassischer und zeitgenössischer russischer Literatur, u. a. von Michail Bulgakov, Nikolaj Gogol, Vladimir Sorokin, Maria Rybakova, Boris Akunin, in Zürich. 2012 wurde Dorothea Trottenberg der "Paul-Celan-Preis" für ihr übersetzerisches Gesamtwerk verliehen.

Nikolai Wassiljewitsch Gogol wurde am 1. April 1809 in Welikije Sorotschinzy (Poltawa), Ukraine, geboren. Der Sohn eines ukrainischen Gutsbesitzers siedelte 1828 nach St. Petersburg über und versuchte sich als Beamter und Lehrer. Mit seinen ersten volkstümlichen Erzählungen erwarb sich Gogol 1831/32 große Anerkennung. 1848 unternahm Gogol eine Pilgerreise nach Jerusalem. Vier Jahre später starb er in Moskau.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.06.2003

Ich schicke dir eine Nase
Peter Urban hat Gogols Hymne auf dieses prominente Organ neu übersetzt
„Ich beginne zu glauben”, schreibt Nikolaj Gogol im April 1837 aus Rom an seinen Mentor, den Lyriker Žukovskij, „was ich früher für ein Märchen hielt, dass Schriftsteller in unserer Zeit Hungers sterben können”. Wenige Monate zuvor ist in Petersburg Alexander Puškin gestorben, Gogols Freund und Idol, nicht Hungers, sondern im Duell. Sein früher und plötzlicher Tod hat Gogols Horizont vollständig verdüstert; auch von Italiens „schönsten Himmeln” ist keine Aufheiterung zu erwarten. Er wird sich von den Grotesken und humoristischen Arabesken abwenden, die ihn in Russland berühmt gemacht haben und Zuflucht in der Religion suchen.
Fast zwölf Jahre, bis 1848, bleibt Gogol nun in Rom. In den ersten Jahren entstehen Erzählungen wie „Der Mantel” und sein einziger Roman „Die toten Seelen”, ehe Gogols neu entflammte Religiosität ihn in eine tiefe Schreib- und Lebenskrise stürzt. Er verbrennt 1845 die Fortsetzung der „Toten Seelen” und preist in späteren Schriften die Segnungen des Zarismus und der Leibeigenschaft. Zurück in Moskau, hungert sich Gogol im religiösen Wahn zu Tode und stirbt 1852 im Alter von 43 Jahren.
Man darf sich Gogols Petersburger Jahre, die Peter Urban in seiner Briefsammlung vergegenwärtigt hat, wohl als seine glücklichsten vorstellen. Das Glück hat einen Grund und einen Namen: Puškin. Als der junge Gogol im Mai 1831 dem gefeierten Leitstern des Petersburger literarischen Lebens erstmals begegnet, hat er kurz davor den Versroman „Hans Küchelgarten” veröffentlicht und, nach schlechten Kritiken, die komplette Auflage verbrannt. Im Herbst 1831 erscheint sein erster Novellenband, „Die Abende auf dem Vorwerk bei Dikanjka”, und findet in Puškin einen begeisterten Fürsprecher: „Hier ist echte Heiterkeit, aufrichtige, ungezwungene, ohne Ziererei, ohne Affektiertheit. Und stellenweise welch Poesie! Welch tiefes Empfinden!”
Gogols schauerlich-romantische und satirische Schilderungen vom russischen Stadt- und Landleben, grundiert von einer Neigung zum Dämonischen, finden nun auch die Zustimmung des breiten Publikums. Auch jetzt bleibt Puškin für ihn das Maß aller Dinge: „In ihm”, schreibt er 1832, „spiegeln sich die russische Natur, die russische Seele, die russische Sprache, der russische Charakter in solcher Reinheit, in solch makelloser Schönheit, wie sich eine Landschaft auf der gewölbten Oberfläche eines optischen Glases spiegelt”.
Puškin seinerseits betrachtet Gogols Aufstieg mit der Großzügigkeit dessen, der sich um Rang und Stellung nicht zu sorgen braucht. „Gogol”, schreibt er 1834 in sein Tagebuch mit einem Hauch von Herablassung, „hat auf meinen Rat mit einer Geschichte der russischen Kritik begonnen.” Auch sonst gehen die Ideen meist ohne Besitzansprüche hin und her. Es herrscht in jenen Petersburger Jahren ein Geist der literarischen Geselligkeit und Brüderlichkeit, der in Puškins Tod sein jähes Ende findet und die Freunde wie Gogol in „unsagbare Schwermut” entlässt.
„Ich schicke Dir die Nase”, meldet Gogol 1835 an Pogodin. „Wenn im Falle Eure dumme Zensur sich daran verhakt, dass eine Nase nicht in der Kazanschen Kirche erscheinen dürfe, kann man sie in eine katholische überführen.” Es durfte dann doch die Kazansche Kirche sein, in welcher die Nase, in die Uniform eines Staatsrats gekleidet und „mit dem Ausdruck großer Frömmigkeit”, betet, die selbe Nase wahrscheinlich, die zuvor der Barbier Ivan Jakovlevic aus seinem Frühstücksbrot geschält hat und die bald darauf der von ihm rasierte Kollegienassessor Kovalëv in seinem Gesicht vermisst. Peter Urban hat Gogols aberwitzige und geisteshelle Novelle neu übersetzt und ihr die Entwürfe, den Epilog der Erstveröffentlichung sowie ein Nasen-Fragment beigegeben. Radierungen von Horst Hummel, auch sie ganz nasenfixiert, schmücken den kleinen Band.
Wer Urbans Nachwort liest, wird Hinweise finden auf die vielfältigen literarischen Referenzen dieses prominenten Körperteils. Von einer „Hymne auf dieses Organ” hat Vladimir Nabokov mit Blick auf Gogols „Nase” gesprochen, Puškin, etwas trockener, nannte das Ganze einen „Scherz”. Aber was für einen! Dank gebührt Peter Urban und der Friedenauer Presse dafür, dass sie uns diesen Hymnus oder Scherz aufs Neue zugänglich gemacht haben.
CHRISTOPH
BARTMANN
NIKOLAJ GOGOL: Die Nase. Eine Petersburger Novelle. Neu übersetzt von Peter Urban. Friedenauer Presse, Berlin 2003. 96 Seiten, 14,50 Euro.
Gogols Petersburger Jahre. Gogols Briefwechsel mit Aleksandr Puschkin. Eine Geschichte in Briefen, zusammengestellt und herausgegeben von Peter Urban. Friedenauer Presse, Berlin 2003. 96 Seiten, 14,50 Euro.
Gogol und Puschkin.
Foto: Privatbesitz Katharina
Wagenbach
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr